Pflichtbesuche von KZ-Gedenkstätten?

Solange bei uns Schulpflicht besteht, muss es Aufgabe der Schule sein, das Wissen, die Fähigkeiten, Werte und sozialen Kompetenzen zu vermitteln, die wir als grundlegend für unsere Gesellschaft und Kultur ansehen.

Das soll sie nicht alleine, aber nichtsdestotrotz, sie soll.

Der Staat gibt den Rahmen vor und ist selbst Schulträger. Damit trägt er eine riesige Verantwortung, vor allem auch, wenn er Lerninhalte festschreibt und Vorgaben an die Qualität des Unterrichts macht.

Zu erkennen, dass Menschen zur Ausgrenzung, Diskriminierung bis hin zum systematischen, organisierten Mord an ihren Mitmenschen fähig sind; die Mechanismen dahinter zu entlarven, zu begreifen, wie wichtig es ist, sie zu erkennen und aktiv dagegen einzuschreiten – das ist als Lerninhalt mindestens so grundlegend wie Rechtschreibung oder der Satz des Pythagoras.

Mindestens.

Dafür müssen die besten Lernmethoden und Materialien eingesetzt werden, die wir haben.

Bücher, Videos, Simulationen können das reale Erlebnis nicht ersetzen. Neben der Begegnung mit Zeitzeugen ist der Besuch ehemaliger Konzentrationslager und anderer Orte, die an die schlimmsten Verbrechen totalitärer Regime erinnern, die beste Möglichkeit, das Unvorstellbare und Fremde wenigstens ein Stück weit persönlich erfahrbar zu machen.

Im Gegensatz zu anderen Ländern haben wir diese Zeugnisse. Sie tun weh, sind aber auch ein großer Wissensschatz. Es wäre ein Unding und unverzeihlich, ihn Schülerinnen und Schülern vorzuenthalten.

(Noch ein Punkt: Wir können uns selbst nicht verstehen oder richtig einschätzen, ohne uns mit dem Nazi-Horror zu beschäftigen. Täter, Opfer, Wegschauer – es gibt keine Unbeteiligten in einem totalitären System. Die Spuren überdauern Generationen, in Familien, in Organisationen, in der Sprache, im Denken, im Handeln. Das Erbe des „Dritten Reiches“ ist Teil unserer Geschichte, und damit Teil unserer Identität. Wegschauen macht es nur schlimmer. Erkenne dich selbst.)

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